Hej,
bereits seit Mitte letzten Jahres plane ich, dieses Jahr mit Motorrad, Zelt, Gaskocher und Fotoausrüstung zu reisen. Meine erste Tour hatte ich für Mitte Mai Richtung Rügen angepeilt, musste das jetzt aber auf den Juni verschieben.
Um mein Equipment auszutesten und herauszufinden, ob mir diese Art des Reisens überhaupt so gefällt, wie ich es mir vorgestellt habe, bin ich am letzten Sonntag zu einem kurzen „Prolog“ aufgebrochen, um am Lanzer See 2-3 Tage zu zelten und tagsüber vielleicht ein wenig in der Gegend um Lauenburg/Elbe herumzukurven und zu fotografieren.
Da ich viele Ratschläge und Tipps der guten Svenja aus Kiel beherzigt habe (z.B. Zelt mit Zeltstangen aus Flugzeugaluminium, Daunenschlafsack, Campinggeschirr, Alumatte und Luftmatratze, – alles mit möglichst kleinem Packmaß und geringem Gewicht), dazu neue, wasserdichte Packtaschen und Gepäckrolle mein Eigen nenne, konnte ich alles gut unterbringen. Auf unnötigen Luxus habe ich dabei weitestgehend verzichtet. Braucht man auf so einer Tour auch nicht.
Auf der recht kurzen Etappe (ca. 75km) bin ich bei bestem Sonnenschein schön kurvige Landstraßen gefahren und habe in Lütjensee ein zweites Frühstück mit Kaffee und Croissant eingelegt. Danach ging es weiter über Büchen nach Witzeeze, mit einem kleinen Fotostopp an der Schleuse.
Nur ein paar Kilometer weiter bin ich schon am Campingplatz „Lanzer See“ angekommen und habe dort eingecheckt (ebenfalls ein guter Tipp von Svenja). Ich konnte mir den schönsten Platz auf einer ganz kleinen Landzunge zwischen Elbe-Lübeck-Kanal und Lanzer See aussuchen. Beim Abstellen des Motorrades ist mir natürlich der Klassiker passiert: schön mit dem Seitenständer im feuchten Untergrund eingesackt und das Motorrad auf die Seite gelegt. Aber schon zwanzig Sekunden später standen zwei freundliche Camper neben mir und haben geholfen, den Bock wieder aufzurichten. Dann habe ich auf den zweitschönsten freien Platz daneben, welcher über festen Untergrund verfügte, umgeparkt. Alles kein Drama und auch kein Problem für mein Ego. Nebenbei, – das Campervolk um mich herum war überaus angenehm und sehr freundlich.
Nach einer Ankommenszigarette und Begutachtung der näheren Umgebung habe ich mich daran gemacht, mein Motorrad abzupacken und das Zelt aufzubauen. Das hatte ich erst einmal vorher ausprobiert und beim zweiten Mal stand das Zelt nach 10 Minuten. Alumatte rein, Luftmatraze aufgepumpt (zu der es später noch einiges zu sagen gibt), Schlafsack raufgelegt, – fertig. Danach habe ich per Gaskocher mir meinen ersten Tee zubereitet (hat noch ein wenig nach dem nagelneuen Trangia-Campinggeschirr geschmeckt) und dazu Pindakoekjes (holländische Erdnuss-Plätzchen) gefuttert.
Jetzt fühlte ich mich ausreichend gestärkt, um in den Lanzer See zu hüpfen. Das war dann nach einer Minute auch abgehakt…
Da es im Campingkiosk keinen Senf zu erwerben gab und Wildbratwürste ohne Senf für mich ein No-Go sind, bin ich später noch einmal kurz über Lauenburg gefahren, um mich diesbezüglich auszurüsten. Am späten Nachmittag habe ich zwei davon fix gebraten und mit Senf und Brötchen genussvoll verspeist.
Nach einer ausgedehnten Dusche in den blitzsauberen Waschräumen habe ich mich auf eine nahegelegene Bank gesetzt, eine Flasche Rotwein geöffnet und die wunderbare, fast schon sommerliche Abendstimmung am Kanal inhaliert. Währenddessen stellte sich bei mir ein unglaublich intensives Gefühl von Zufriedenheit und Freiheit ein, wie ich es lange nicht mehr verspürt habe.
Bei Sonnenuntergang habe ich mich in mein Zelt verkrochen und bin in den wunderbaren Schlafsack geschlüpft. Das Teil war teuer, ist aber jeden Cent wert. Für jemanden, der im Schlaf häufig rotiert, ist die Eiform perfekt, und das super-angenehme Material und die Daunenfüllung garantieren ein warmes Wohlbefinden. In der Nacht ging es auf 5° runter, so dass ich nach und nach Pulli und Jogginghose dazu anziehen musste, – das Temperaturlimit war annähernd erreicht, jedoch mit der Thermounterwäsche hätte ich noch nachlegen können. Insofern wären wohl auch knapp über 0° kein Problem gewesen.
Eine Sache gibt es allerdings noch zu der Luftmatratze zu berichten: sehr bequem, sehr leicht aufzupumpen mit integrierter, manueller Luftpumpe, sehr leicht, sehr kleines Packmaß. So weit so gut. Aber: das Teil qietscht. Und zwar laut! Bei jeder noch so kleinen Bewegung! Unerträglich für mich und wahrscheinlich auch für meine Camping-Nachbarn. Geht gar nicht! Heute bekomme ich meine Wunsch-Isomatte von Therm-a-Rest geliefert. Damit sollte das Problem erledigt sein. Genau um so etwas herauszufinden habe ich diesen „Prolog“ gemacht.
Eigentlich hatte ich ja geplant, 2-3 Tage am Lanzer See zu verweilen, jedoch bekam ich am ersten Abend noch eine Einladung per Mail von meinem Freund Ralf nach Watzum (Nordrand Harz bei Wolfenbüttel). Am nächsten Morgen beschloss ich spontan, dieser zu folgen und ihn, sowie meinen Bruder, der in Wolfenbüttel lebt, zu besuchen. Sachen zusammenpacken hat dann, da ich noch ungeübt bin, ca. 2 Stunden gedauert, aber ich hatte ja keinen Zeitdruck. Kurz vor Mittag habe ich an der Rezeption ausgecheckt (9 Euro für eine Person, Motorrad und Zelt) und mich bei perfektem Motorradwetter auf den Weg nach Wolfenbüttel gemacht. Ich bin ohne Umwege gerade auf der B4 durchgefahren. Die Strecke ist zwar nur mäßig spannend, auf Grund der endlosen Geraden durch den Wald, aber auf jeden Fall besser als Autobahn.
In Wolfenbüttel bin ich dann auf zwei Stündchen bei Kaffee und vorzüglicher Champignon-Sahne-Suppe bei meinem Bruder Heiko eingekehrt und habe seine im Oktober bezogene und jetzt komplett eingerichtete neue Wohnung bewundert. Danach ging es weiter nach Watzum, wo mich mein Freund Ralf, seine Gastlichkeit und ein vorzügliches Gästebett erwarteten. Wir hatten viel zu bequatschen und taten dies ausgiebig bei Rotwein und einer Pilzpfanne, die Ralf aus der Hüfte zauberte. Hat Bombe geschmeckt, wenn auch deutlich zu sauer, – meine Lippen brennen heute noch 😉
Am nächsten Tag habe ich einen kleinen Fotoausritt auf den benachbarten Höhenzug namens Elm gemacht und das Reitlingstal fotografiert. Die Bilder findet Ihr in meiner Galerie „Other Places“.
Am Abend gab es in Ralfs Heimstatt, dem „Lachs“, noch eine ausgedehnte Dreierkonferenz mit Heiko und Ralf, inklusive von mir handgefertigter Pizza und dazu Guiness. Ein weiterer, perfekter Tag.
Den Tag darauf machte ich mich auf die Heimreise. Es hatte leider einen ungemütlichen Temperatursturz gegeben, deswegen verzichtete ich darauf, noch einen weiteren Tag zu zelten und machte mich auf den direkten Weg nach Hause.
Tja, und kurz hinter Braunschweig passierte mir dann ein folgenreiches Missgeschick. Der Reissverschluss meiner Motorradjacke hat den Geist aufgegeben und ließ sich auch nicht mit Bordwerkzeug reparieren. Das heisst, ich bin ca. 2,5 Stunden bei Temperaturen um 6° mit offener Motorradjacke gefahren. Ich habe noch nie in meinem Leben so dermaßen gefroren. Auf Höhe Schwarzenbek bemerkte ich die ersten Anzeichen von Unterkühlung und wusste, dass es langsam wirklich gefährlich wird und bin dann auf einen Rastplatz gefahren, wo ich so lange rumhüpfte, bis ich wieder klar im Kopf war und mir die letzten 35 Kilometer zutrauen konnte.
Zu Hause angekommen, habe ich in Windeseile das Motorrad abgepackt und bin in Nullkommanix für eine halbe Stunde unter der heißen Dusche verschwunden. Ich war danach komplett im Allerwertesten und habe mich rasch ins warme Bett begeben. Auch am nächsten Tag spürte ich die Kälte noch in den Knochen, die Muskeln waren steif. Ein Tag mit Couch, Decke, Glotze und Nahrung, und die Nachwirkungen waren überstanden.
Resümee:
Obgleich ich nur einen Tag gezeltet habe, bei guten Bedingungen und ohne Regen, weiss ich, dass dies genau mein Ding ist und so, wie ich es mir erhofft habe. Sehr spartanisch, sehr nahe an der Natur, mit Motorrad und Fotoapparat. Einzig auf die Spiegelreflexkamera werde ich bei zukünftigen Reisen verzichten und baldmöglichst durch eine passende All-in-one-Lösung ersetzen. Es ist einfach zu viel und zu teures Equipment, verbunden mit der Sorge um Wetterschäden und Diebstahl. Hier wäre wohl eine wetterfeste Panasonic Bridge-Kamera die erste Wahl.
Ach ja, obige Bilder sind mit dem Smartphone gemacht, bis auf das Titelbild und das Bild vom Reitlingstal. Die Bilder mit der Spiegelreflex sind in der Galerie „Other Places“.
So, das war meine erste Tour, – weitere werden folgen und ich werde berichten.
Cheers, Jörn
P.S.: Dieser Blogeintrag ist Svenja aus Kiel gewidmet. Danke Svenja, Du hast mir eine Tür geöffnet.
Svendura 21. Mai 2019
Oh, danke, danke für das Lob. Ich freu mich darüber. Deine Prologtour ist klasse beschrieben und bebildert. Da krieg ich sofort Lust, auch wieder loszufahren.
Mein Prolog war dies Jahr in Dänemark und in zwei Wochen gehts los zum Autozug HH-Lörrach. Ich will nach Südfrankreich, Sonne, gutes Essen, Rotwein, Käse und Entrecote. Und Pieps will Köpper üben. *rolling eyes*
Gute Reise auch für dich.
Viele Grüße,
Svenja